Liebe Frau Emili, der Schwerpunkt dieser WIR lautet „Sozialer Beruf? Ja, bitte!” Neben den vielen positiven Aspekten der Sozialen Arbeit ist dieser Sektor leider auch eng verbunden mit dem Thema Fachkräftemangel. Was ist Ihre Erfahrung diesbezüglich?
Vor allem in der Pflege begleitet uns das Thema Fachkräftemangel schon sehr lange. Ich kann mich an die Eröffnung eines Seniorenzentrums in den 2000er-Jahren erinnern, da ging die Geschäftsleitung der AWO Oberbayern höchstpersönlich auf die Suche nach Fachkräften in den neuen Bundesländern.
Heute, selbst Vorsitzende, sehe ich – neben allen strukturellen Herausforderungen – erfreulicherweise auch Einrichtungen, die dem allgemeinen Trend trotzen und einen stabilen Personalstamm sowie langjährige Mitarbeiter*innen haben.
Das hört sich interessant an. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, wenn Kolleg*innen in einer Einrichtung über Jahre hinweg tätig sind?
Ich denke, eine Einrichtung wird zu großen Teilen von der Leitung geprägt. Es ist viel wert, wenn eine Leitung nicht nur unsere AWO-Werte kennt: Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit, Toleranz und Freiheit – sondern sie auch lebt in ihrem Arbeits- und Führungsalltag.
Das bedeutet zum Beispiel, offen und tolerant gegen- über allen zu sein, unabhängig von Alter, Herkunft, Religion, Weltanschauung, Abstammung, Geschlecht und sozialem Status. Das heißt aber auch, dass wir klassische Arbeitgeberinstrumente einsetzen und Ermöglicher*innen werden für unsere Kolleg*innen, zum Beispiel, was die Flexibilisierung und Länge der Arbeitszeit angeht. Oder auch zu erkennen wenn jemand mehr möchte, und entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen.
Insgesamt sind die Entwicklungsmöglichkeiten in den Sozialen Berufen sehr vielfältig - nicht nur innerhalb eines Bereichs, sondern auch darüber hinaus. Quereinstiege und das Hineinschnuppern in andere Einrichtungen ist bei uns jederzeit möglich.
Soziale Berufe haben häufig den Ruf, anstrengend zu sein. Sei es in der Pflege, im Kita-Bereich, in der Sozialpsychiatrie oder in der Kinder- und Jugendhilfe. Wie wollen Sie junge Menschen für die Sozialen Berufe begeistern?
Wir wollen zeigen, dass der Beruf in all seinen Ausprägungen Freude bereitet und viel mehr bietet als das Bild, das die Sozialen Berufe zum Teil in der Öffentlichkeit haben. Das fängt damit an, dass die Sozialen Berufe sinnstiftend sind und direkt einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten.
Junge Menschen laden wir gerne in unsere Einrichtungen ein, um dort ein Praktikum zu machen und ein eigenes Bild davon zu bekommen, was es heißt, in einem Sozialen Beruf zu arbeiten. Besonders spannend könnte für junge Leute auch sein, dass wir in Projekten häufig Neues ausprobieren. Oder dass wir Ideen und Vorschläge unserer Kolleg*innen hören und dort, wo sie sinnvoll sind, umsetzen.
Zudem haben wir Augen und Ohren offen, was Innovationen angeht, nicht nur fachlich, sondern auch technisch, zum Beispiel beim Einsatz von Robotik und Künstlicher Intelligenz (KI). Ein Beispiel ist das Projekt „DeinHaus 4.0“, in dessen Rahmen die Möglichkeiten der Digitalisierung getestet werden, damit das Leben Zuhause oder auch bei uns in der Einrichtung erleichtert werden kann.
Das sehe ich nicht als Widerspruch zu unserer sozialen Arbeit direkt am Menschen, sondern als Ergänzung und Entlastung dort, wo es notwendig und sinnvoll ist. Wir wollen uns die digitale Transformation zunutze machen und weiterhin mit viel Herz für die uns Anvertrauten sorgen.
Das Interview führte Linda Quadflieg-Kraft
Foto: © Bezirksverband Oberbayern
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