Überaus engagiert, vielseitig interessiert und stets optimistisch: All das und noch vieles mehr ist Thea Zimmer. Die 89-Jährige setzte sich fast vier Jahrzehnte ein für alle im Kreis Dachau, die Hilfe benötigen. 38 Jahre lang war sie Vorsitzende des AWO-Ortsvereins Dachau und zudem Mitglied im Vorstand des AWO-Kreisverbands Dachau. Mit ihrem jahrzehntelangen Engagement prägt sie das soziale Leben der Region maßgeblich.
Geboren wurde Thea Zimmer allerdings nicht in Dachau, sondern in Wilhelmshaven. Als Jahrgang 1935 wuchs sie in einer historisch bewegten Zeit auf. Sie hat den Zweiten Weltkrieg, die Nachkriegszeit und den Wiederaufbau Deutschlands miterlebt. In ihrer Jugend träumte Thea Zimmer davon, im Krankenhaus zu arbeiten. Allerdings erlaubte das ihre Mutter nicht. „Wir waren damals noch nicht so frei, dass wir unsere freie Wünsche umsetzen konnten“, erzählt die Dachauerin. Zu jener Zeit galt man erst mit 21 als volljährig und bis dahin mussten junge Menschen dem Willen der Eltern folgen. Thea Zimmer absolvierte deshalb zunächst eine Schneiderlehre.
Später hatte sie die Chance sich weiterzubilden. Sie besuchte einen Schreibmaschinenkurs und weitere Fortbildungen im Bereich Buchhaltung. Anschließend arbeitete sie acht Jahre lang bei der Lohnausgleichskasse. Auf ihrer täglichen Zugfahrt zur Arbeit lernte sie ihren Mann kennen, den sie 1960 heiratete. Mit ihm zog sie später nach Dachau. Im neuen Zuhause traf Thea Zimmer auf ein Umfeld, das sie anerkannte und stärkte. Diese Unterstützung half ihr, sich weiterzuentwickeln, neue Wege zu gehen und sich zu engagieren.
Eintritt in die Politik und Engagement bei der AWO
Das politische Engagement von Thea Zimmer begann 1982, als sie in die SPD eintrat. Politiker wie Carlo Schmid und Helmut Schmidt inspirierten sie zu diesem Schritt. „Es waren Leute, zu denen konnte ich aufschauen, weil ich gesehen habe, sie bewirken etwas für uns, auch für Frauen“, erinnert sich Thea Zimmer. Am Anfang ihrer politischen Tätigkeit begleitete sie Rudi Schmid, den damaligen Vorsitzenden der Dachauer SPD, zu vielen Terminen im Ort. Später wurde sie seine Stellvertreterin im Ortsverein Dachau.
Neben ihrer Tätigkeit in der SPD trat Thea Zimmer 1984 in die AWO ein, ohne vorher viel über die Organisation zu wissen. Ihre Entschlossenheit und Lernbereitschaft führten sie jedoch schnell zu verantwortungsvollen Aufgaben. Sie besuchte zahlreiche Lehrgänge und wurde in verschiedene Gremien gewählt. Inge Gabert unterstützte sie besonders während ihrer Anfangszeit bei der AWO. Sie zeigte Thea Zimmer, wo sie sich bewerben kann, und gab ihr hilfreiche Tipps. „Sie hat mir den Weg geebnet“, erinnert sich die 89-Jährige. Nach kurzer Zeit bei der AWO wurde sie als Delegierte Bezirksverband, Landesverband und Bundesverband gewählt.
Das Engagement veränderte sie tiefgreifend und ließ sie selbstständiger werden. Die frühere Angst, etwas falsch machen zu können, löste sich auf. Thea Zimmer erhielt von allen Seiten Unterstützung, wurde akzeptiert und ermutigt, ihre Vorhaben zu erreichen.
Pionierarbeit für soziale Einrichtungen
Einer der bedeutendsten Meilensteine während Thea Zimmers Engagement war die Gründung der Sozialstation in Dachau im Jahr 1984. Damals war die Vorstellung, dass die AWO Ambulante Hilfe anbieten könnte, revolutionär und stieß auf große Skepsis. Doch Thea Zimmer bewies, dass es möglich war. Sie erzählte verschiedenen Krankenkassen von ihrem Vorhaben, bat sie um Unterstützung und erhielt diese auch am Ende. Die Sozialstation wurde ein großer Erfolg und legte den Grundstein für weitere soziale Einrichtungen, darunter auch Kindergärten.
Besonders in Erinnerung bleibt Thea Zimmer die schwierige Gründung eines Dachauer Frauenhauses. Trotz massiver Widerstände und hoher bürokratischer Hürden engagierte sie sich gemeinsam mit vielen anderen, das Frauenhaus zu einem wichtigen Zufluchtsort für Frauen in Not zu machen. Bis heute ist das Frauenhaus eine bedeutende Einrichtung in der Region Dachau.
Neben ihren vielfältigen Tätigkeiten in der AWO übernahm Thea Zimmer weitere ehrenamtliche Aufgaben. Sie fungierte als Jugendschöffin und Schöffin am Dachauer Amtsgericht. Auch ihre politische Laufbahn nahm während der Zeit immer mehr Gestalt an. Thea Zimmer war sowohl als Kreis- als auch als Stadträtin tätig und wirkte in verschiedenen Ausschüssen mit. Sie gründete eine Nachhilfeorganisation, die insbesondere sozial Schwächere und Kinder mit Migrationshintergrund unterstütze. Außerdem war sie Mitglied in Elternbeiräten von Grundschulen und Gymnasien.
Thea Zimmer engagierte sich aber nicht nur in Dachau, sondern auch auf überregionaler Ebene, besonders in der Arge Alp Senioren. Diese Organisation bringt Vertreter*innen aus unterschiedlichen Regionen wie in Bayern, Südtirol, Tirol und Trentino zusammen, um sich gemeinsam für die Bedürfnisse älterer Menschen in diesen Gebieten einzusetzen.
Junge Menschen für ein Engagement begeistern
Als langjährige Vorsitzende des AWO-Ortsvereins trug sie maßgeblich dazu bei, das soziale Netzwerk im Kreis Dachau zu stärken und zu erweitern. Thea Zimmer versteht Solidarität und Zusammenhalt als unverzichtbare Pfeiler einer funktionierenden Gesellschaft. Umso wichtiger ist es deshalb für sie, die ältere und die junge Generation in den sozialen Diskurs einzubeziehen. Die 89-Jährige ruft dazu auf, Brücken zwischen den Generationen zu bauen und die Jugend aktiv in die Arbeit der AWO miteinzubinden.
Viele Mitglieder sind in einem hohen Alter. Umso wichtiger sei es deshalb, junge Menschen für die Arbeit der AWO zu begeistern. Thea Zimmer sieht in der Jugend außerdem nicht nur die Zukunft der AWO, sondern auch die Zukunft Europas. „Die Jugend muss die AWO kennenlernen und verstehen, dass die AWO europafreundlich ist“, sagt die 89-Jährige. Während ihrer Tätigkeit bei der Arge Alp war Thea Zimmer viel in Europa unterwegs. Durch diese Zeit schätzt sie die Freiheiten und Möglichkeiten, die Europa bietet, umso mehr. Daher plädiert sie für einen starken Zusammenhalt über nationale Grenzen hinweg. „Wir brauchen unser Europa“, betont die Dachauerin.
Viel Bewegung und positiv denken
Heute, mit 89 Jahren, ist Thea Zimmer immer noch voller Energie und Lebensfreude. Ihr Rezept für ein langes und erfülltes Leben? „Immer positiv denken und nicht nachlassen“, sagt sie mit einem Lächeln. Viel Bewegung, frische Luft und ein aktives Leben – das ist für Thea Zimmer besonders im hohen Alter wichtiger denn je.
Dabei ist sie auch technischen Neuerungen gegenüber aufgeschlossen. Mit einem Smartphone und einer Smartwatch ausgestattet, bleibt sie mit ihrer Familie und der Welt verbunden. „Meine Kinder und Enkelkinder haben mir die Uhr geschenkt. Ich nutze sie gern“, berichtet die Dachauerin stolz. Offen sein für Neues, ins Gespräch kommen, sich engagieren – das sind Prinzipien, die Thea Zimmer lebt und die ihr Engagement so inspirierend machen. Ihr unermüdlicher Einsatz zeigt, wie eine einzelne Person das Leben vieler positiv beeinflussen kann. Mit ihrem Wirken hat sie nachhaltige Strukturen geschaffen, die vielen Menschen auch in Zukunft helfen werden.
Im Bild von links nach rechts: Verabschiedung nach 38 Jahren: Nicole Schley, Präsidentin des Bezirksverbands Oberbayern, dankte Thea Zimmer im August 2021 für ihr Engagement.
Text: Sabrina Huber
Foto: Christian Willwerth
Der Artikel ist in der Ausgabe 3/2024 unserer Mitgliederzeitschrift WIR auf Seite 14 erschienen, siehe Wir mit dem Teil aus Oberbayern ab Seite 11 (PDF | 4 MB)
Nutzen Sie das Formular für allgemeine Fragen und Anliegen an unsere Hauptverwaltung. Einrichtungsspezifische Anfragen (zu freien Plätzen o.Ä.) bitten wir Sie über die Kontakt-E-Mail-Adressen des jeweiligen Hauses zu stellen.